Berufliche Neuorientierung für Sehgeschädigte: vom KFZ-Mechaniker zum Mitarbeiter bei der Stadtverwaltung

Josef Piel steht in schwarzen Hemd und lächelt in die Kamera, im Hintergrund ist ein Fluss. Unter dem Bild steht ein Zitat von ihm: "Ich muss etwas tun, eine Aufgabe haben, irgendetwas sinnvolles mit meiner Zeit anzufangen!"

Josef Piel gibt nicht auf

Nach seiner Ausbildung zum KFZ-Mechaniker war Josef Piel 24 Jahre in ein und demselben Autohaus in Bonn tätig. Er hat dort unter anderem Autos repariert und gewartet, Wagenpflege durchgeführt, im Kundenservice und im Abschleppdienst gearbeitet. Er war so etwas wie die gute Seele des Betriebes.

Josef Piel war früher professioneller Ringer. Er hat sich in seinem Sport in der 1. Bundesliga etabliert und es sogar zur WM-Teilnahme in Polen geschafft.

Vielleicht ist genau das der Grund, warum der 55-Jährige niemals aufgibt und sich durch alle Widrigkeiten „ringt“.

Berufliche Neuorientierung

Dann war Ende 2011 abrupt Schluss, als man ihm wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten mitteilte, dass seine Dienste dort nicht mehr länger benötigt werden. Damit begann ein nicht immer so einfacher Weg der beruflichen Neuorientierung, denn eines war für den aktiven Sportler klar: „Arbeitslos sein und auf der Couch rumsitzen, kommt für mich nicht in Frage. Ich muss etwas tun, eine Aufgabe haben, irgendetwas Sinnvolles mit meiner Zeit anfangen!“

Nach einigen beruflichen Zwischenstationen erhielt Josef Piel aber die Möglichkeit, zur Stadt Bonn zu wechseln, wo er seine berufliche Heimat im Rahmen des Sozialamtes, in der Betreuung von Unterkünften für Migrant*innen und Obdachlose sowie als Lagerleiter und im Einkauf fand. Die neue berufliche Situation sah vielversprechend und auch perspektivisch sehr gut aus. 

Der Rückschlag: Sehnervinfakt mit Einschränkung des Sehvermögens

Bis zu dem Tag, an dem er einen Sehnervinfarkt erlitt und sein Sehvermögen plötzlich extrem eingeschränkt war. Ein Schock für den bis dahin kerngesunden Mann, der von einem Tag auf den anderen zunächst einmal sein ganzes Leben auf den Kopf stellte.

Aber Josef Piel wäre nicht Josef Piel, wenn er lange mit seinem Schicksal gehadert und sich darin ergeben hätte. Schnell suchte er sich Unterstützung beim IFD Sehen, machte im Anschluss mit seinem Reha-Berater bei der DRV Rheinland einen Plan und fand so den Weg ins Berufsförderungswerk (BFW) nach Düren.

Rehabilitation und der Neuanfang

Mit der kompetenten Begleitung vor Ort absolvierte er die Rehabilitationsvorbereitung und die Blindentechnische Grundrehabilitation, um all das zu erlernen, was die neue gesundheitliche Situation für eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben unterstützte. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf dem Erlernen neuer Fähigkeiten für die Orientierung und Mobilität, die Bedienung technischer Hilfsmittel für seheingeschränkte und blinde Menschen sowie auf den neuen Anforderungen im Bereich der lebenspraktischen Fähigkeiten im privaten und beruflichen Umfeld.

Im Anschluss bereitete der ehemalige Olympionike sich mit Hilfe der Trainer*innen, der Integrationsmanager*innen und der Sozialarbeiter*innen in der Integrationsmaßnahme für sehbehinderte und erblindete Menschen (ISB) im BFW auf die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben vor.

In Gesprächen zwischen ihm, dem BFW und der Stadt Bonn konnte ein Bereich für eine Wiedereingliederung bei der Stadtverwaltung gefunden werden. Mit Unterstützung der IT-Abteilung des BFW wurde der neue Arbeitsplatz von Josef Piel derart ausgestattet, dass er dort gut mit seinen Seheinschränkungen tätig werden konnte. Im Rahmen der ISB-Maßnahme folgte dann die Einarbeitung im Telefonservice der Stadtverwaltung Bonn, bei der er, inzwischen wieder im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, sehr erfolgreich tätig ist.

Wie gut, dass Josef Piel nie aufgibt, denn das „Feedback“ der ratsuchenden Bürger*innen der Stadt Bonn und die Zufriedenheit der Stadtverwaltung mit ihrem neuen Servicemitarbeiter, Josef Piel, bestätigen ihn auf seinem eingeschlagenen Weg.