Blinde und sehbehinderte Menschen führen dank zahlreicher Hilfsmittel ein weitgehend selbstständiges Leben. Auch diverse Schulungen, z.B. in Orientierung und Mobilität oder in Lebenspraktischen Fähigkeiten, helfen Betroffenen dabei, sich im Alltag allein orientieren zu können. Dennoch gibt es Situationen, in denen eine sehende Begleitperson erforderlich ist. Diese Unterstützung, eine sogenannte „sehende Begleitung“, sollte stets respektvoll und nur im nötigen Umfang erfolgen, um die Selbstständigkeit der betroffenen Person zu fördern.
Wichtige Techniken der sehenden Begleitung
Die sehende Begleitung umfasst spezielle Techniken, um blinden oder sehbehinderten Menschen im Alltag zu helfen. Eine einheitliche Anwendung der Techniken kann die Orientierung erleichtern und die Selbstständigkeit der betroffenen Person weiter fördern.
Kontaktaufnahme
Zuerst sollte sich die Begleitperson hörbar ankündigen, indem sie beispielsweise die blinde oder sehbehinderte Person mit Namen anspricht. Absprachen, wie die bevorzugte Führ- und Gehseite oder der Zielort sollten im Vorfeld geklärt werden.
Grundtechnik: Führarm und Zangengriff
Dann kann es auch schon losgehen. Aber wie genau? Die sehende Begleitung berührt dazu die führende Person an einer vereinbarten Stelle oder gibt durch Kommunikation Bescheid, sodass die zu begleitende Person nach dem Führarm greifen kann. Der sogenannte „Zangengriff“ ist hier ein gängiges Mittel, um sich am Arm festzuhalten. Jetzt bekommt die sehbehinderte Person alle erforderlichen Informationen während der Begleitung.
Gehtempo
Wichtig zu beachten ist, dass die zu begleitende Person das Gehtempo bestimmt. Dafür kann sie z.B. durch leichtes Schieben des Führarms nach vorne signalisieren, dass sie schneller gehen möchte und umgekehrt. Natürlich kann die Person das auch über verbale Ansagen kommunizieren, die nonverbalen Techniken ermöglichen es aber beispielsweise, laufende Unterhaltungen nicht zu unterbrechen.
Praktischer Erklärfilm klärt über weitere Techniken auf
In einem detailreichen Erklärfilm des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Niedersachen (BVN) werden neben den oben aufgeführten Techniken noch weitere Situationen erklärt – wie z.B. der Richtungswechsel, die Nutzung von Treppen oder die Sitzplatzfindung.
Im Video wird der Fokus auf die nonverbale Kommunikation gesetzt, um die Techniken zu erklären und zu zeigen, dass diese auch ohne Sprechen funktionieren können. Aber es soll und darf natürlich immer miteinander gesprochen werden, wenn es möglich oder nötig ist.
Neben dem Film des BVN gibt es auch weiteres Infomaterial, wie z.B. eine ausführliche Broschüre des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenvereins.
Bedeutung einer sehenden Begleitung
Eine sehende Begleitung ermöglicht blinden und sehbehinderten Menschen mehr Unabhängigkeit und Selbstvertrauen. Durch das Verständnis und die Anwendung dieser Techniken können sehende Begleitpersonen Unsicherheiten abbauen und zur Lebensqualität der Betroffenen beitragen. Wichtig dabei ist aber der respektvolle Umgang untereinander: Die Unterstützung sollte immer im Einklang mit den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der begleiteten Person erfolgen.